Glutenunverträglichkeit und Haut – ein schwieriges Gespann

 

von Prof. Dr. rer.nat. Michaela Döll

 
 
 

Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit – hier besteht bei näherem Betrachten ein Unterschied

Hautausschläge, Rötungen aber auch Blähungen, Fließschnupfen, Verstopfung, Durchfall und Bauschmerzen können auf eine Gutenunverträglichkeit hinweisen. Man unterscheidet hier grundlegend die (angeborene) Zöliakie von einer in der Regel weniger stark ausgeprägten Glutenunverträglichkeit. In beiden Fällen besteht eine Verdauungsproblematik gegenüber dem Klebereiweiß Gluten, welches vor allem in Getreide (Weizen, Roggen, Gerste) und somit in zahlreichen Getreideprodukten zu finden ist. Aber auch in vielen anderen Lebensmitteln (z. B. panierten Fischgerichten, verarbeiteten Fleischprodukten, Milchprodukten etc.) wird Gluten als Trägerstoff für Emulgatoren und Aromen verwendet (Tabelle) . Bei der Zöliakie haben wir es mit einer genetisch bedingten Autoimmunerkrankung zu tun. Der Verzehr glutenhaltiger Nahrungsmittel führt hier zu entzündlichen Prozessen an der Darmschleimhaut, die in der Folge geschädigt wird. Hier muss lebenslang eine strenge (glutenfreie) Diät eingehalten werden. Bei der Glutenunverträglichkeit, die sehr viel häufiger als die Zöliakie vorkommt, sind zwar auch die bereits erwähnten unangenehmen Symptome mit von der Partie, aber entzündliche Veränderungen der Darmschleimhaut sind in der Regel nicht zu beobachten. In diesen Fällen bringt eine (zeitlich befristete) Diät meistens eine Verbesserung der bestehenden Problematik. Aber eine lebenslange Vermeidung von Gluten ist nicht erforderlich. Blutuntersuchungen und Gewebeproben des Darmes können hier Aufschluss geben.

Die Haut leidet

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen eine Beteiligung der Zöliakie bzw. Glutenunverträglichkeit an der Entstehung zahlreicher Erkrankungen. Schmerzhaft juckende nesselsuchtartige Hautausschläge, Blasen, Schwellungen und Quaddeln, die sich vor allem an Knien, Ellbogen, aber auch im Gesicht zeigen können, sind typische Anzeichen der Dermatitis herpetiformis. Die zugrunde liegende Zöliakie veranlasst das körpereigene Immunsystem zu diesen Reaktionen an der Haut. Neben einer strikten glutenfreien Kost kommen hier auch Medikamente zur Anwendung. Die atopische Dermatitis (Neurodermitis) wird durch Erbfaktoren, Umwelteinflüsse, Darmbesiedlung und Stress begünstigt. Es wird inzwischen aber auch ein Zusammenhang zur Zöliakie/Glutenunverträglichkeit hergestellt. In einer großen wissenschaftlichen Studie mit insgesamt mehr als 4000 Personen konnte man beobachten, dass jene mit Gutenunverträglichkeit ein um etwa Faktor 3 erhöhtes Risiko für die Entstehung der atopischen Dermatitis aufwiesen, im Vergleich zu jenen, die kein Problem mit der Glutenverwertung hatten. Die Urtikaria (Nesselsucht ) kann mit Quaddelbildung sowie juckenden und geröteten Hautpartien einhergehen. Da man in einigen Fällen unter der Anwendung einer glutenfreien Kost eine Verbesserung der Hautausschläge beobachtet hat geht man hier ebenfalls von einem entsprechenden Einfluss aus. Ebenso liegen für die Psoriasis (Schuppenflechte) große Metaanalysen vor, die auf einen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der Glutenverwertungsstörung schließen lassen. Die Rosacea (Couperose), die vor allem bei Frauen vorkommt, hat als Ursache u.a. erbliche Komponenten, hormonelle Einflüsse sowie bestehende Erkrankungen (z. B. Bluthochdruck, Infektionskrankheiten). In einer großen amerikanischen Kohortenstudie wurde gezeigt, dass bei Rosacea-Betroffenen deutlich häufiger eine Zöliakie/Glutenunverträglichkeit vorliegt als bei den Hautgesunden. Entzündungsbedingte Darmerkrankungen und Magenschleimhautentzündungen waren hier ebenfalls häufiger anzutreffen als in der hautgesunden Vergleichsgruppe.

Wie kann eine glutenfreie Ernährung gelingen?

In jedem Fall sollte beim Einkauf die Zutatenliste der Hersteller gründlich geprüft werden. Seit 2005 müssen, gemäß der Allergenkennzeichnungspflicht (Europäische Lebensmittelinformations-Verordnung) Inhaltsstoffe und Zusätze , die häufig Allergien auslösen, auf verpackten Waren deklariert werden. Dies gilt auch für geringe Mengen (unter einem Prozent).

Als glutenfrei gelten Lebensmittel, die maximal 20 mg Gluten pro kg enthalten. Inzwischen gibt es eine Reihe von Mehlsorten, die sich für eine entsprechende Ernährung eignen. Folgende Getreide bzw. Ersatzsorten können hier empfohlen werden: Hirse, Amaranth, Reis, Soja, Quinoa, Mais, Kartoffeln, Kastanien. Hafer und Buchweizen können bei einer Gutenunverträglichkeit verwendet , müssen aber bei bestehender Zöliakie vermieden werden. Bei der Zubereitung von Backwaren sollte berücksichtigt werden, dass der Flüssigkeitsbedarf von glutenfreiem Mehl höher ist als bei den glutenhaltigen Mehlsorten und der Quellvorgang länger dauert. Guarkernmehl und Johannisbrotkernmehl werden als (glutenfreie) Verdickungsmittel empfohlen, da sie auch zur Geschmeidigkeit eines Teiges beitragen. In Reformhäusern und Supermärkten gibt es mittlerweile ein breites Angebot an glutenfreien Nudeln und Fertigbackwaren, die den Aufwand für eine spezielle Kost zu vermindern helfen.

 
 


Autorin (Copyright): Prof. Dr. rer. Nat. Michaela Döll (www.prof.drmdoell.de)

Prof. Dr. rer. Nat. Michaela Döll

 
 

Literaturangaben:

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